Die Anerkennung der individuellen Geschlechts­identität ist überfällig

Der Fall Alex Jürgen, der durch eine stattgegebene Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof als erste Person in Österreich die Geschlechtsbezeichnung „Divers“ eingetragen bekam, hatte für einige mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Im Herbst 2020 ist für trans Personen auch die pathologisierende und diskriminierende Regelung gefallen, dass eine Bestätigung mit der Diagnose „Transsexualität (F 64.0)“ vorzulegen ist. Die Diagnose wurde in der aktuellsten Version der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD11) gestrichen. Grundsätzlich können nun neben „männlich“ und „weiblich“ auch „inter“ und „divers“ eingetragen bzw. der Geschlechtseintrag gestrichen werden.

„Die Piratenpartei Österreichs steht dem binären biologischen Geschlechtermodell männlich/weiblich und dessen Rollenmustern kritisch gegenüber und fordert auch in diesem Punkt die Selbstbestimmung des Individuums. Um diese zu ermöglichen, fordert die Piratenpartei bei der Erfassung des biologischen Geschlechts neben „männlich“ und „weiblich“ zusätzlich die Option „keine Angabe“ zuzulassen, sofern eine binäre Einordnung nicht ausdrücklich – etwa aus medizinischen Gründen – notwendig ist.“ – aus dem Parteiprogramm

Wir begrüßen daher die Entwicklung, die sich hier abzeichnet, wollten den Stand der Dinge aber genau wissen: Im September 2020 wurde laut Medienberichten (etwa https://orf.at/stories/3180727/ ) öffentlich, dass das Innenministerium eine Handlungsanleitung für Personenstandsfragen, insb. zu Geschlechtseinträgen fertiggestellt habe. Obwohl diese durchaus für einen größeren Personenkreis in Österreich relevant ist, war sie leider weder auf der Webseite des BMI, noch im RIS abrufbar, daher haben wir sie uns über FragDenStaat.at beauskunften lassen:

„Konkret geht es um nachweisbare Varianten der Geschlechtsentwicklungen, die sich durch eine atypische Entwicklung des chromosomalen, anatomischen oder hormonellen Geschlechts kennzeichnen und explizit nicht um Transidentität (dh. jemand, der genetisch oder anatomisch bzw. hormonell eindeutig einem anderen Geschlecht zugewiesen ist, sich dadurch aber falsch oder unzureichend beschrieben fühlt).“ – aus der Handlungsanleitung
Die Handlungsanleitung wurde unter Kurz I und Innenminister Kickl als Weisung beschlossen, um genau jene Regelungen zu ermöglichen, die das Höchstgericht inter Personen zugesprochen hat, diskriminiert aber alle anderen – insbesondere trans und nicht-binäre Personen – weiter.
„Unsere Anfrage darf als ein Erfolg im Sinne der Informationsfreiheit betrachtet werden, für den Sachverhalt schließen wir aber, dass der Gesetzgeber es nicht anders will, als dass hier weiter geklagt werden muss. Es ist eine Schande, dass Queere-Rechte in Österreich regelmäßig erklagt, aber nie im Parlament beschlossen werden.“ – PP, Social Watchdog für LGBTQ+ Rechte
Anlässlich des internationalen Tags gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie wendeten sich über 50 Organisationen mit der Forderungen gegen die Diskriminierung aufgrund von Geschlechtsidentität, Geschlechtsmerkmalen und Geschlechtsausdruck in offenem Brief an die zuständigen Regierungsspitzen. Auch wir Piraten haben uns solidarisch erklärt.
„Dieser Brief ist ein wichtiges Zeichen und macht deutlich, dass Minderheiten auch 2021 weiterhin Diskriminierung erfahren. Nachdem sich die Grünen aber auch schon beim Antrag auf gleiches Recht beim Blutspenden unsolidarisch gezeigt haben, machen wir uns nicht viel Hoffnung, dass diese Regierung das Problem ausräumen wird oder kann.“ – Bundesvorstand Roland Schneider

Jedenfalls freut es uns, dass nun eine Person den Prozessweg beschreitet. Wir unterstützen dieses Vorhaben und wünschen der Kläger*in viel Erfolg und gute Nerven.

Link zur Kampagne: https://www.genderklage.at/
Link zur Presseaussendung: APA-OTS

 

 

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