Leserbrief zum Leitartikel der Tageszeitung ‚Kleine Zeitung‘ am 18. Jänner, geschrieben von Hubert Patterer – „Der Schutz geht jetzt vor“
Sehr geehrter Herr Patterer,
mit großer Verwunderung las ich heute ihr „Plädoyer für mehr Sicherheit“ und Einschränkung von Grundrechten als Preis dafür. Da ich mit Ihnen in dieser Frage nicht übereinstimme, will ich Ihre Argumentation in den folgenden Zeilen widerlegen.
Beginnen wir mit der Vorratsdatenspeicherung. Sie schreiben: „Die Aufhebung der Speicherung war ein Fehler […]“. Was Sie jedoch nicht erwähnen ist, dass Frankreich über eine solche Datenspeicherung verfügt. Die Daten werden dort sogar 12 Monate gespeichert. Verhindern ließ sich der Anschlag dadurch nicht, dafür werden Millionen Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht gestellt und überwacht.
Weiters sprechen Sie von der Angst, einen Bahnhof oder U-Bahn Station nicht mehr lebendig zu verlassen und plädieren daher für eine Verschärfung europäischer Sicherheitsgesetze. Was Sie verschweigen ist, dass es in Europa wahrscheinlicher ist in einem Verkehrsunfall zu sterben als ein Opfer von Terrorismus zu werden. Dennoch werden um Verkehrsunfälle keine Ängste geschürt. In derselben Ausgabe Ihrer Zeitung ist von mit Gewehren bewaffneten Polizisten in österreichischen Einkaufszentren und Soldaten auf den Straßen Belgiens die Rede. Wie lange sollten denn bewaffnete Polizisten in Einkaufszentren patrouillieren? Einen oder zwei Monate? Vielleicht sogar drei? Und dann? Solche Maßnahmen bringen nichts als trügerische Sicherheit. Es handelt sich um populistische Schnellschüsse um daraus politisches Kleingeld zu schlagen. Der Abbau von Bürgerrechten wird hier bewusst in Kauf genommen und die Anschläge werden zur Durchsetzung dieser Maßnahmen instrumentalisiert.
Überwachung ist nicht die einzige Antwort auf Terrorismus. Die Freiheit, auf die wir in Europa so stolz sind, abzuschaffen um sie zu verteidigen ist absurd. Um es mit den Worten des norwegischen Ministerpräsidenten Stoltenberg nach dem Anschlag in Oslo zu sagen: „Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit.“ Nach diesem Grundsatz sollten wir in Europa auf die Anschläge reagieren und nicht anders.
Florian Lammer, BSc
Bundesvorstand der Piratenpartei Österreichs