Wie Überwachung die Gesellschaft zerstört

Der Einsatz von Überwachungsmaßnahmen steigt, ebenso werden ständig neue Möglichkeiten geschaffen um noch mehr Überwachung zu ermöglichen. Leben wir in einer so gefährlichen Zeit, dass unsere Sicherheit davon abhängt?

Die Statistiken sagen das Gegenteil. Die Zahl der tatsächlichen Verurteilungen ist im letzten Jahr massiv gesunken. Durchschnittlich kommt es bei nur einer von sechs überwachten Personen tatsächlich zu einer Verurteilung. Die Schere zwischen Überwachung und Verurteilung geht immer weiter auseinander. Es zeigt sich also: Sind die Werkzeuge zur Überwachung erstmals da, dann werden sie auch genutzt.

Traurigerweise höre ich schon die daraus resultierende ‚Logik‘ aus dem rechten Eck in meinem Hinterkopf schreien: „Dann brauchen wir mehr Verurteilungen! Härtere Gesetze, strengere Gerichte!“ Überwacht wird man ja nicht ohne Grund und wenn doch, dann hat man ja ’nichts zu verbergen‘.

Der inflationäre Ausbau und Einsatz von Überwachungsmaßnahmen macht die Gesellschaft kaputt, so einfach ist es!

Massenüberwachung beeinflusst das menschliche Verhalten. Das ist bereits hinreichend bekannt. Fachlich nennt man dies chilling Effekt, der einer Selbstzensur und vorauseilendem Gehorsam gleichkommt.

Gehorsam? Wem gegenüber denn eigentlich?

Menschen wissen, dass sie überwacht werden und versuchen daher sich ‚richtig‘ zu verhalten. Was jedoch ‚richtig‘ ist gibt in diesem Fall jedoch der Staat vor, denn er kontrolliert die Überwachung. Je stärker und häufiger die Überwachungsmöglichkeiten unser Privatleben durchdringen, desto schneller treibt uns das in Richtung gleichgeschalteter Gesellschaft.

Dem gilt es einen Riegel vorzuschieben. Niemand sagt etwas gegen eine richterlich genehmigte Überwachung bei besonders schwerem Verdacht aber einen weiteren unreflektierten Marsch in Richtung totalitärem Überwachungsstaat gilt es zu verhindern.

Die Zahlen sprechen eine andere Sprache und Evaluierungen der Überwachungsmaßnahmen gibt es nicht. Trotzdem kommt es zu immer weiteren Verschärfungen im Überwachungssektor (Staatschutzgesetz, Sicherheitspaket, … und wie sie alle heißen).

Wer behauptet nichts zu verbergen zu haben lügt. Unsere Kontobewegungen, Browserverlauf, Messenger Nachrichten, Telefonanrufe, … All das zeichnet ein perfektes Bild über unser Leben und all das binden wir nicht jedem auf die Nase. Aus gutem Grund, denn es geht niemanden etwas an! Jeder Mensch hat etwas zu verbergen und das ist sein gutes Recht.

Etwas zu verbergen zu haben, heißt nicht strafrechtlich relevante Aktivitäten durchzuführen, auch wenn das gerne so gleichgesetzt wird. Es heißt, dass man frei ist und sein eigenes Leben führen kann.

Lassen wir uns nicht weiter von Angst, Missgunst und Puritanismus treiben. Besinnen wir uns wieder auf unsere Rechte (!) als Bürger_Innen und fordern wir diese von der Politik ein. Am besten beginnen wir damit am 15. Oktober.


Ein Kommentar auf: https://kurier.at/chronik/oesterreich/justiz-spioniert-18-000-mal-im-jahr/285.653.704


 

Der Autor Florian Lammer ist 26 Jahre alt und seit 2012 Mitglied der Piratenpartei. Er ist ehemaliges Mitglied des Bundesvorstands und derzeit ist er im Vorstand der Piratenpartei Graz aktiv.

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