Stellungnahme zum parlamentarischen Begutachtungsverfahren zum Wehrrechtsänderungsgesetz 2019 – WRÄG 2019 (112/ME)

Sehr geehrte Pressevertreterinnen und Pressevertreter,

im unten stehenden Text finden Sie eine Stellungnahme der Piratenpartei Österreichs zum  Wehrrechtsänderungsgesetz.

 

Bundesvorstand Harald Bauer:

Minister Kunasek legt ein Wehrrechtsänderungsgesetz vor, in dem es heißt, militärische Organe dürfen Zwangsgewalt durch Computersysteme ausüben. In den Erläuterungen wird er dann deutlicher und spricht von offensiven technischen Mitteln.

Hier ist zumindest eine Präzisierung notwendig, was er konkret plant. In diesem Zusammenhang wäre interessant zu wissen, ob er dazu auch „Hackback“-Aktivitäten zählt. Sinnvoller ist es jedenfalls, die Sicherheit der eigenen Systeme up to date zu halten, statt Rambo-Aktionen vorzubereiten, bei denen man nicht weiß, wen man trifft und die obendrein noch völkerrechtswidrig sind. Die Aufgabe der Politik ist es, die Welt sicherer zu machen.

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Text der Stellungnahme:

 

An das
Bundesministerium für Landesverteidigung
Per eMail: eleg@bmlv.gv.at

 

An das
Präsidium des Nationalrats
Per eMail: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

Betreff: Stellungnahme zum Begutachtungsverfahren, Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2014, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002, das Verwundetenmedaillengesetz und das Truppenaufenthaltsgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2019 – WRÄG 2019

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

in unserer Stellungnahme zum Ministerialentwurf beschränken wir unsere Ausführungen auf die darin enthaltenen Änderungsabsichten im Militärbefugnisgesetz.

 

Einerseits soll hier anscheinend mit untauglichen Mitteln versucht werden, auf die tatsächlich vorhandenen Bedrohungslagen des digitalen Zeitalters zu reagieren, andererseits ist geplant, das Bundesheer mit Polizeiaufgaben auszustatten. Beides läuft der Sicherheit Österreichs und der Rechtsstaatlichkeit, wie wir sie kennen und erhalten wollen, zuwider.
Im Einzelnen nimmt die Piratenpartei Österreichs wie folgt Stellung:
Zu Z 7 (§ 17) in den Erläuterungen[1] heißt es:
Mit der vorgesehenen Ergänzung der demonstrativen Aufzählung der für eine Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt im Wachdienst in Betracht kommenden „Hilfsmittel der körperlichen Gewalt“ soll im Interesse der Rechtssicherheit ausdrücklich klargestellt werden, dass bei militärisch relevanten Cyber Bedrohungen auch entsprechende (offensive und defensive) technische Mittel zur Abwehr derartiger Angriffe jedenfalls rechtlich zulässige Einsatzmittel darstellen. Als diesbezügliche Beispiele sind etwa technische Einrichtungen zur Erkennung von Angriffen auf Netz- und Informationssysteme (zB durch Verwendung sogenannter „Honeypots“ – das sind vermeintlich verwundbare Systeme, die Angriffsversuche aufzeichnen) oder zur Neutralisierung von Computersystemen, die für Cyber-Angriffe verwendet werden, zu nennen. Bei der Anwendung derartiger Hilfsmittel wird es sich wohl immer um eine Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt gegen Sachen im Sinne des § 16 Abs. 3 MBG handeln; der jegliche militärische Befugnisausübung tragende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird auch hier entsprechend zu wahren sein (vgl. § 4 und § 16 Abs. 1 letzter Satz MBG).

Hier lässt vor allem die Formulierung „offensive“ technische Mittel aufhorchen. Im Gesetzestext[2] selbst soll es dann heißen:

 

§ 17. Militärische Organe im Wachdienst dürfen unmittelbare Zwangsgewalt ausüben durch […] 2. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt einschließlich technischer Sperren und Diensthunde sowie Computersysteme,

Es erschließt sich also, dass hier geplant ist, Computersysteme offensiv anzuwenden. Worin diese Offensivmaßnahmen nun konkret bestehen sollen, bleibt völlig offen. So pauschal, wie es im gegenständlichen Ministerialentwurf steht, kann man davon ausgehen, dass damit auch das sogenannte „Hackback“ gemeint ist, was bedeutet, dass hier nicht nur die eigenen Systeme geschützt werden, sondern fremde Computersysteme gezielt angegriffen werden sollen. Die Wirksamkeit solcher Verfahren ist allerdings ebenso fraglich, wie ihre Völkerrechtskompatibilität umstritten ist.[3]

 

Die Piratenpartei Österreichs lehnt es ab, die Welt unsicherer zu machen und zu riskieren, unbeteiligte Dritte statt der angepeilten Angreifer zu treffen. Stattdessen plädieren wir dafür, dass das Bundesheer alles dafür tut, die eigenen Systeme stets auf dem höchsten Stand der Sicherheit zu halten.
Letztlich erwarten wir aber auch, dass das Gesetz klar und präzise regelt, welche offensiven Aktivitäten damit gedeckt sind.

 

Zu Z 8 (§ 22 Abs. 2a) und Zu Z 9 (§ 22 Abs. 2b) in den Erläuterungen[1]:
Auch wenn es im PSG mittlerweile ebenso geregelt ist, wollen wir doch darauf hinweisen, dass wir hier den Richtervorbehalt vermissen, der für derart schwere Eingriffe in die Privatsphäre, auch z.B. gegenüber Dritten (§22, 2a, 4.), angemessen wäre.
Zu Z 5 und 6 (§ 8 Abs. 2a und 3) in den Erläuterungen[1], heißt es u.a.:

 

Bei öffentlichen Veranstaltungen des Bundesheeres, wie etwa Angelobungen oder Leistungsschauen, kommt es immer wieder vor, dass das Bundesheer von Demonstranten durch Zurufe, Sprechchöre oder den Text auf mitgeführten Transparenten beleidigt wird.

 

Und:  

 

Nach der derzeitigen Rechtslage besteht diesbezüglich für militärische Organe keine Möglichkeit, die Identität der betreffenden Personen festzustellen, und oftmals sind keine hierzu zuständigen Exekutivorgane vor Ort.

 

Grundsätzlich ist es in Österreich so geregelt, dass die Profis von der Polizei für die Gewährleistung der Inneren Sicherheit zuständig sind und die Profis vom Bundesheer für die Äußere. Die Piratenpartei hält diese Trennung auch für rechtsstaatlich sehr gesund und spricht sich gegen eine Vermischung der Aufgabenbereiche aus.

 

Solche Vorfälle, dass manche Menschen bei öffentlichen Veranstaltungen nicht das erwartete Benehmen zeigen, sind natürlich unschön und ärgerlich. Sie rechtfertigen aber auch keine überschießenden Reaktionen. Es braucht hier wohl eher eine bessere Absprache zwischen Bundesheer und Polizei. Und letztlich ist hier das Management zu verbessern oder von politischer Seite dafür zu sorgen, dass überhaupt mehr Polizeikräfte zur Verfügung stehen. Einer Gesetzesänderung bedarf es hierfür nicht.

 

Für den Bundesvorstand der Piratenpartei Österreichs
Harald Bauer

 

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Quellen:
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Rückfragehinweis:
Harald Bauer
vinpei@piratenpartei.at

 

Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:D%C3%A9fil%C3%A9_Bundesheer_du_26_Octobre_2008.jpg / Mick7402

2 Kommentare

  1. 1

    […] Nein, es ging dabei nicht um unsere Inhalte – nicht um die parlamentarische Stellungnahme zum Wehrrechtsänderungsgesetz, nicht um unsere Aussendung zur Lebensmittelverschwendung in Österreich, nicht um SaveTheInternet […]

  2. 2

    […] wenn wir uns jetzt daran erinnern, dass der Ministerialentwurf zum Wehrrechtsänderungsgesetz zunächst eine Übertragung von Polizeiaufgaben an das Bundesheer in Form von Personenkontrollen […]