Die EU-Richtlinie zu Geschäftsgeheimnissen, die das Europaparlament am morgigen Donnerstag absegnen soll, wird Whistleblower abschrecken und investigativen Journalismus behindern. Es wäre fatal, wenn unsere Reaktion auf Enthüllungen wie die Panama Papers oder den VW-Abgasskandal ausgerechnet darin besteht, Unternehmen die Geheimhaltung dubioser Machenschaften noch zu vereinfachen – kritisiert die Piraten-Abgeordnete Julia Reda, die auch stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Grüne/EFA ist.
Die Warnungen aus der Zivilgesellschaft sind unüberhörbar geworden: Die Pläne, die Definition von Geschäftsgeheimnissen massiv auszuweiten und WhistleblowerInnen die Beweislast dafür aufzubürden, dass sie im öffentlichen Interesse handeln, stoßen auf breite Ablehnung – so Reda im Bezug auf die Forderungen des DGB, der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion und des Deutschen Journalistenverbands Berlin-Brandenburg, die sich der Kritik angeschlossen haben und nun ebenfalls die Ablehnung der Richtlinie fordern. Über 800.000 Menschen haben Petitionen gegen die Richtlinie unterzeichnet. Auch der Luxleaks-Whistleblower Antoine Deltour appelliert in einem Statement an die Abgeordneten: „Wollt ihr wirklich eine Gesellschaft, in der es der Öffentlichkeit unmöglich ist, an Information zu gelangen, die wesentlich sind, für das Wohl der Allgemeinheit?“
Ich werde in der heutigen Plenardebatte dazu aufrufen, den Beschluss wenigstens zu verschieben, bis wir die Ausweitung der Geschäftsgeheimnisse mit einer Richtlinie zum Schutz von WhistleblowerInnen ausbalancieren können – und diesen Vorschlag am Donnerstag zur Abstimmung bringen. Die Reaktion darauf wird zeigen, ob die großen Fraktionen die Warnungen ihrer Wählerinnen und Wähler sowie der betroffenen Berufsverbände ernst nehmen, oder darauf beharren, ausschließlich die Interessen der Industrie zu vertreten, so Reda abschließend.
Nächste Schritte:
– Debatte: Heute Mittwoch 13.4. vorauss. ca. 21:00
– Endgültige Abstimmung: Donnerstag 14.4., vorauss. ca. 13:00
Livestream: http://www.europarl.europa.eu/ep-live/de
Ausführliches Hintergrundbriefing: https://juliareda.eu/2016/04/eu-richtlinie-zu-geschaftsgeheimnissen-bedroht-whistleblower/
Der Bundesvorstand der Piratenpartei Österreichs zeigt sich ebenfalls alarmiert über die über die neue Richtlinie:
Natürlich hat so eine Richtlinie auch gravierende Auswirkungen auf Österreich, zumal sie vom Parlament in nationales Recht umgesetzt werden muss, wenn sie einmal beschlossen ist. Die Regierung hat sich, wie das Staatsschutzgesetz zeigt, in der Vergangenheit nicht als besonders zimperlich erwiesen, wenn es um die Einschränkung von Bürgerrechten geht. Somit können wir davon ausgehen, dass Aufdecker in Zukunft mit einem hohen Risiko und Unsicherheit leben werden müssen.So ein Klima ist Gift für eine offene und transparente Gesellschaft, so Bundesvorstand Harald Bauer.