Ethikunterricht, PA und Stellungnahme

Ethik für alle statt türkis-grün-schwarze Bigotterie

Die Reform des Schulorganisationsgesetzes ist kein weiter Wurf. Wieder wird an der konsequenten Trennung von Staat und Kirche vorbeilegiert und sogar Hintertüren eingebaut.

In der Stellungnahme[1] im Begutachtungsverfahren[2] zum „Schulorganisationsgesetz, Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz“ verlangen wir, überkommene Altlasten wie die Erziehung zu religiösen Werten aus dem Gesetz zu streichen und Kruzifixe aus Schulen zu entfernen. Ersetzt werden soll der Religionsunterricht mit flächendeckendem Ethikunterricht für alle.

Erschüttert über den Entwurf zeigt sich Bundesvorstand Harald Bauer: „In jeder Zeile dieser Novelle trägt die ÖVP ihre klerikale Mission wie eine Monstranz vor sich her. Natürlich nicht, wenn es gilt, im Sinne der christlichen Soziallehre zu regieren, Nächstenliebe mit Benachteiligten oder Flüchtenden zu beweisen, moralisch zu handeln, oder auch einfach nur Regeln einzuhalten, etwa wie die Walkampfkostengrenze. Dafür aber wenn es darum geht, den Menschen etwas aufzuzwingen, das sie vielleicht gar nicht wollen – die Religiösität.“

Die Position der Piratenpartei ist klar: Die Bundesregierung und die Parteien im Nationalrat müssen endlich die Trennung von Staat und Kirche anerkennen und diese auch in Gesetzesform gießen. Religionsfreiheit umfasst nämlich auch die Freiheit von Religion, wenn man das möchte. Dazu leistet der Ministerialentwurf keinen Beitrag. Im Gegenteil ist er mit einigen kleinen Häkchen versehen, die dafür sorgen, dass Schüler*innen im Zweifel doch am Religionsunterricht hängen bleiben, um zB. nicht in weiter entfernte Schulen reisen zu müssen, wenn an der eigenen Schule mangels Nachfrage kein Ethikunterricht zu Stande kommt.

Die Covid-19-Krise hat gezeigt, dass Fernunterricht gerade in der Oberstufe gut funktionieren kann. Zumindest dort sollte als Alternative zu langen Reisen für den Ethikunterricht an anderen Schulen die Möglichkeit einer Online-Teilnahme gesetzlich geregelt werden.

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Quellen:

Ethik – parlamentarische Stellungnahme

Wir begrüßen das Grundziel[1] dieses Gesetzesentwurfs, weil wir Ethik für alle als gewinnbringend für die Entwicklung der Persönlichkeit ansehen. Leider bleibt der Gesetzesentwurf aber auf halber Strecke stehen. Auch Schüler*innen, die einer Glaubensgemeinschaft angehören, müssen die Chance bekommen, sich mit diversen Lebensentwürfen, Weltanschauungen, Philosophien, Glaubensinhalten, dem soziale Zusammenleben auseinander setzen zu können, um auf diese Weise, unbeeinflusst von einseitig gefärbten Lehrinhalten, ihren individuellen Weg zu finden.

Deshalb ist es notwendig, den Religionsunterricht in öffentlichen Schulen als Pflichtgegenstand zu streichen und durch einen Ethikunterricht für alle zu ersetzen. Religionen und Weltanschauungen sollen in diesem Unterricht gleichermaßen und nach wissenschaftlichen Kriterien bearbeitet werden. Mit dieser Sicht wissen wir uns nach einer aktuellen Gallup-Umfrage[2] mit 70,1 % der österreichischen Bevölkerung im Einklang.

Die Teilnahme an einem zusätzlichen und freiwilligen konfessionellen Religionsunterricht muss nach einem staatlich geprüften und genehmigten Lehrplan und innerhalb eines staatlich vorgegebenen Rahmens erfolgen. Kruzifixe oder andere religiöse oder weltanschauliche Symbole sind aus Schulgebäuden des Bundes und der Länder zu entfernen, bzw. ist deren Anbringung zu untersagen. Denn letztlich widerspricht es dem Gleichbehandlungsgrundsatz bestimmte Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen zu bevorzugen oder zu benachteiligen. Konfessionelle Privatschulen, die Zuwendungen von der Republik erhalten, sind dazu zu verpflichten, das von der Republik zu garantierende Recht auf Gewissens- und Religionsfreiheit ihrer Schüler*innen und Angestellten zu respektieren.

Religion ist Privatsache und es geht niemanden etwas an, ob jemand religiös ist, welcher Religionsgemeinschaft man angehört oder eben nicht. Niemand soll vor der Schule oder Mitschüler*innen gezwungen werden offenzulegen, was er oder sie glaubt oder nicht glaubt. Durch eine Selektierung von Schüler*innen nach Weltanschauung und Religion ist diese höchstpersönliche Entscheidung über ein Outing nicht mehr gegeben.

Diese Änderungsvorschläge zum Ethikunterricht halten wir im Übrigen nicht allein für Schüler*innen ab der 9. Jahrgangsstufe und für land- und forstwirtschaftliche Schulen für angebracht, sondern wir legen ausdrücklich Wert darauf, dass diese für alle Jahrgangsstufen und alle Schularten anzuwenden sind.

Darüber hinaus regen wir an, bei einer ohnehin anstehenden Änderung des Gesetzes, sich von überkommenen rechtlichen Altlasten zu befreien, die weder der heutigen Lebenswirklichkeit entsprechen, noch im Sinne der Religionsfreiheit bestehen:

§ 2. (1) des Gesetzes[3] lautet:

„Die land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten des Bundes haben die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken.“

Hierbei empfinden wir die Vorstellung, dass es die Aufgabe des Staates sei, die Jugend zu religiösen Werten zu erziehen, als abwegig und anmaßend. Denn ein Mensch soll selbst entscheiden können, für welche Welt- oder Glaubenssicht er sich entscheidet, und das beinhaltet auch die Möglichkeit, frei von Religion zu leben.

Abseits von der grundsätzlichen Kritik:

Zumutbarkeitsbestimmungen für Fälle, in denen weniger als 10 Schüler*innen an einer Schule den Ethikunterricht besuchen, sind wichtig. Sonst kann es dazu kommen, dass diese Schüler*innen nur für zwei Wochenstunden unzumutbar lange Wege in die nächste Schule mit Ethikunterricht auf sich nehmen müssen. Dies ist eine eindeutige Diskriminierung der Schüler*innen, die sich vom Religionsunterricht abmelden.

Die Umdefinition von Frei- und Pflichtfächern im Schulorganisationsgesetz führt zu Problemen außerhalb der Religions- und Ethikfächer, in allen bisherigen Freifächern, die an anderen Schultypen als Pflichtfach unterrichtet werden. Dieser Teil ist handwerklich schlecht gemacht und muß überarbeitet werden.

Weiters ist uns wichtig, für die Lehrer*innen keine Interessenskonflikte zu schaffen. Nach dem aktuellen Stand können Religionsgemeinschaften Lehrer*innen vom Religionsunterricht ausschließen. Aktuell haben viele Religionslehrer*innen das Zusatzfach Ethik, wenn sie in diesem rationale und ausgeglichene Positionen zu Religionen vertreten, könnte dies zum Wegfall der Religionsstunden führen und damit ihre Existenz gefährden. Es ist ein gesetzlicher Schutz für diese Lehrer*innen dringend zu schaffen.

Aus der Transparenzperspektive ist es sehr befremdlich, dass zwei gleichlautende Gesetzesänderungen eingebracht werden und das in einem Forstgesetz (!) mit unrealistisch kurzer Begutachtung.

Quellen:

 

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