Am Dienstag hat das Europaparlament der EU–Urheberrechtsrichtline mit Uploadfiltern und Linktax zugestimmt. Das ist eine bittere Entscheidung gegen die Freiheit im Internet und ein Schlag ins Gesicht aller jener meist jungen Menschen, die sich seit langem gegen die Forderungen der Lobbys und deren politischen Erfüllungsgehilfen positioniert haben – in einer Petition mit mehr als fünf Millionen Unterzeichner*innen, auf den Straßen und Plätzen Europas und im Netz.
Sie nehmen die Erfahrung mit, dass ein hochmütige Gruppe von selbstgerechten Politikern im Parlament, im Rat und der Kommission ihre Interessen nicht nur ignoriert und an keinem Diskurs interessiert ist, sondern sie als Bots und Mob beleidigt und so versucht haben, sie zu diskreditieren.
Ebenso tun es einige Medien. Es ist doch so: Wenn du eine Meinung ausschalten willst, zerstörst du erst einmal die Reputation der Gegner – das macht z.B. Scientology so – und das machen Springer und die politischen Sachwalter der Lobbys eben auch. Das ist Geschäftspolitik ohne Rücksicht und ohne Moral.
Letztlich ist der Sieg der Lobbyisten ein Pyrrhussieg. Die Auseinandersetzung um die Urheberrichtlinie hat eine ganze Generation politisiert und mobilisiert. Der Gegenwind, den die etablierte Politik hier entfacht hat, könnte sie einst hinwegfegen, denn die Zivilgesellschaft wird es sich merken, wer ihre Interessen vertritt, und wer die der Content-Lobby und der Konzerne.
Die Wut, die Enttäuschung und der Protest einer jungen Generation, die gelernt hat, wie die etablierte Politik mit ihr umgeht, wenn sie sich kritisch mit ihr auseinandersetzt und ihre Deals gefährdet – z.B. Gas gegen Uploadfilter – wird sich so schnell wohl nicht mehr besänftigen lassen.
Der Kampf ist also noch keineswegs vorbei und verloren. Es ist auch noch gar nicht klar, was etwa der EuGH zur Zensur mittels Zensurmaschinen sagt. Am Ende werden die gewinnen, die für ihre Zukunft kämpfen – und das werden nicht die sein, die heute der Urheberrichtlinie kritiklos zugestimmt haben, sondern die Generation, die für SaveTheInternet und FridaysForFuture auf die Straße geht. Warum? Weil sie einfach den längeren Atem hat.
Julia Reda hat in einer engagierten Rede vor dem Plenum, immer wieder unterbrochen von geifernden Lobbypolitikern, heute nochmals zusammengefasst, welchen Schaden die etablierte Politik der Idee „Europa“ bereitet hat, indem sie eine ganze Generation verprellt:
Das Tragischste an diesem Vorgang ist: Eine neue Generation, die dieses Jahr zum ersten Mal zur Europawahl geht, lernt gleich ihre Lektion. Eure Proteste sind nichts wert. Die Politik wird Lügen über euch auskippen und sich von Sachargumenten nicht beeindrucken lassen, wenn es um knallharte geopolitische Interessen geht. Diese Erfahrung, dieses Gefühl von Machtlosigkeit wird sie nachhaltig prägen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, so können wir nicht Politik machen. Diese Richtlinie darf nicht ohne Änderungen durchkommen. Das wäre nicht nur verheerend für die Freiheit im Netz, es würde auch einer ganzen Generation das Vertrauen rauben, dass die Politik funktioniert und dass dieses Parlament die Interessen der Bevölkerung vertritt. Deshalb müssen wir Artikel 11 und 13 streichen.
Merken wir uns für die Europawahl und darüber hinaus, wer wessen Interessen vertritt; dass die ÖVP heute geschlossen für Uploadfilter gestimmt hat; dass die FPÖ sich heute aus tagespolitischem Kalkül heraus, geschlossen enthalten oder feige geschwänzt hat, und damit die Urheberrechtsrichtlinie in der bestehenden Form billigt, obwohl sie genau weiß, was sie da tut.
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Bildquelle: https://twitter.com/Senficon/status/1110509831989936128