Stellungnahme zum Begutachtungsverfahren, betreffend das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, Einkommensteuergesetz 1988, Änderung (1/ME)

Sehr geehrte Pressevertreterinnen und Pressevertreter,

im folgenden Text finden Sie eine Stellungnahme der Piratenpartei Österreichs zum Begutachtungsverfahren, betreffend das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, Einkommensteuergesetz 1988, Änderung (1/ME):

Bundesvorstand Harald Bauer:

Bei diesem Ministerialentwurf handelt es sich um Augenauswischerei. Der Regierung müsste klar sein, dass ein solches Gesetz nicht mit europäischem Recht vereinbar und deshalb nicht durchsetzbar ist. Warum man so einen Gesetzesentwurf trotzdem einbringt, ist nicht nachvollziehbar und kann nur damit erklärt werden, dass es nur darum geht, wider besseres Wissen auf dem Piano des Populismus herum zu klimpern.

Letztlich zielt das Vorhaben auch in die falsche Richtung. Man trifft hier vor allem Menschen, die in Österreich einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag leisten, wie die 24-Stunden-Betreuerinnen, die fast ausschließlich aus Osteuropa stammen. Es wäre hochgradig ungerecht, wenn diese Menschen, die in Österreich Steuern und Abgaben zahlen und hier dafür sorgen, dass Pflegebedürftige menschenwürdig versorgt werden, eine solche Ungleichbehandlung erfahren.“

Die Piratenpartei Österreichs hat folgende Stellungnahme in das Begutachtungsverfahren eingebracht:

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/SNME/SNME_00121/imfname_681432.pdf

Text:

„An das
Bundesministerium für Familien und Jugend
Per eMail: heinz.wittmann@bmfj.gv.at

An das
Präsidium des Nationalrats
Per eMail: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

Betreff: Stellungnahme zum Begutachtungsverfahren, betreffend das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, Einkommensteuergesetz 1988, Änderung (1/ME)

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Ministerialentwurf ist aus unserer Sicht in dreifacher Hinsicht abwegig:

Die beabsichtigte Änderung würde eine Schlechterstellung von EU-Bürgern darstellen, die nicht konform mit dem EU-Recht ist. Hierzu liegt eine ausführliches Gutachten[1] des Fachbereich Europa des Deutschen Bundestages vor, in der u.a. festgestellt wird:

Der Vorschlag, die Auszahlung des Kindergeldes für im EU-Ausland verbleibende Kinder von anspruchsberechtigten EU-Ausländern dergestalt zu begrenzen, dass allein ein existenzsicherndes Minimum auf Basis des Kostenniveaus des jeweiligen EU-ausländischen Mitgliedstaates gewährleistet wird, ist mit Unionsrecht unvereinbar. Er verstößt gegen die Bestimmung in Art. 67 S. 1 VO 883/2004 zu Wohnortklauseln bei Familienleistungen, gegen die allgemeine Bestimmung zur Beseitigung von Wohnortklauseln in Art. 7 VO 883/2004 und gegen das Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit in Art. 4 VO 883/2004. Des Weiteren liegt ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit sozialen Vergünstigungen in Art. 7 Abs. 2 VO 492/2011 vor. Die genannten Verordnungsvorschriften gelangen gegenüber den primärrechtlich verankerten Grundfreiheiten vorrangig zur Anwendung.

Sollte der Vorschlag in geltendes Recht umgesetzt werden, könnten Betroffene, insbesondere EU-Ausländer, hiergegen nach Durchführung des behördlichen Vorverfahrens vor innerstaatlichen Gerichten vorgehen und einen Verstoß gegen die genannten, unmittelbar anwendbaren Verordnungsbestimmungen geltend machen. Das den Vorschlag umsetzende nationale Gesetz wäre unanwendbar und die darauf beruhenden Kindergeldfestsetzungen aufzuheben.

Dass sich an dieser Regelung etwas ändert, ist nicht zu erwarten, da die osteuropäischen Staaten daran kein Interesse haben.

Von dieser Änderung wären vor allem Menschen aus Osteuropa negativ betroffen, die in Österreich wie z.B. die über 60000[2] 24-Stunden-Betreuerinnen einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Nach unserer Auffassung wäre es im höchsten Grade ungerecht, gerade diesen Personenkreis so krass zu benachteiligen.

 Es steht zu befürchten, dass das von der Regierung erwartete Einsparpotenzial tatsächlich weit geringer ist. Die EU-Kommission schätzt die Ersparnis nur auf einen Bruchteil dessen, was die Regierung sich verspricht[3].

Für den Bundesvorstand der Piratenpartei Österreichs

Harald Bauer“
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Quellen:

4 Kommentare

  1. 1

    […] Piratenpartei hat in ihrer parlamentarischen Stellungnahme im Rahmen des Begutachtungsverfahrens glasklar aufgezeigt, was an dem Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Familien und Jugend […]

  2. 2

    […] Genauso wird der Rechtsregierung im Bund in nächster Zeit einiges um die Ohren fliegen, wie die Schlechterstellung bei der Familienbeihilfe für EU-Bürger, da das Gesetz ebenfalls schlicht europarechtswidrig ist – und das wissen die schwarzblauen […]

  3. 3

    […] – ganz gleich, ob es um die Reduzierung von Deutschkursen, die Abschiebung von Lehrlingen, die Kürzung des Kindergeldes für Pflegekräfte aus Osteuropa u.v.a. […]

  4. 4

    […] Dass die Zahlen der damaligen Regierung geschönt sind, war übrigens genauso absehbar, wie der Umstand, dass das ganze Gesetz EU-rechtlich nicht halten wird, was sich nun ebenfalls abzeichnet. Fakt ist, Kurz & Strache haben den Ministerialentwurf wider besseres Wissen trotzdem durch den Nationalrat gepeitscht, denn nicht allein wir haben die Tatsachen rechtzeitig beleuchtet. […]