EU-Parlamentsausschuss erteilt Plänen für ein Leistungsschutzrecht Abfuhr

Auf EU-Ebene wurde gestern einem Leistungsschutzrecht für Presseverleger, wie es zur Zeit auch in Österreich diskutiert wird, eine Abfuhr erteilt. Der Rechtsausschuss des europäischen Parlaments lehnte im Rahmen einer Abstimmung über die Ziele der kommenden EU-Urheberrechtsform [1] einen Antrag der deutschen CSU-Abgeordneten Niebler klar ab, der ein europaweites Leistungsschutzrecht vorsah [2]. Zu den Gegenstimmen zählte auch die SPÖ-Abgeordnete Regner.

senficonJulia Reda, die Europaabgeordnete der europäischen Piratenpartei und Vizepräsidentin der Grünen/EFA-Fraktion, ist die Berichterstatterin des Parlaments für das Papier. Sie begrüßte das Ergebnis:
Es ist erfreulich, dass das Europäische Parlament nicht vor hat, die Fehler zu wiederholen, die in Deutschland und Spanien bei der Einführung von Leistungsschutzrechten für Presseverleger gemacht wurden. Diese Vorstöße zur Querfinanzierung der Medienbranche können nur als eklatante Fehlschläge bezeichnet werden. Sie haben die freie Kommunikation im Netz signifikant eingeschränkt und die Marktmacht des führenden Anbieters auf dem Suchmaschinenmarkt effektiv weiter gefestigt – ohne den Verlegern die erhofften zusätzlichen Einnahmen zu bescheren. Die Idee eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger ist nun schon wiederholt klar gescheitert und nicht zu retten. Dieser Erkenntnis hat der Rechtsausschuss mit seiner Absage nochmals Nachdruck verliehen.

Stattdessen wurde ein Statement verabschiedet, wonach die finanzielle Abgeltung von Urheberrechten nur dann in Frage kommt, wenn dem Rechteinhaber durch die Nutzung seiner Inhalte ein tatsächlicher Schaden entsteht [3]

Das ist bei der Wiedergabe von Auszügen aus Presseartikeln in Nachrichtenaggregatoren zum Zweck der Verlinkung nachweislich nicht der Fall.
— bemerkt Reda

eest9Generell ist der österreichische Alleingang bei der Urheberrechtsnovellierung, während auf europäischer Ebene eine Reform im Gange ist, vollkommen unverständlich. Wenn die Regierung nicht will, dass sie ihre gesamte Novelle in wenigen Jahren erneut aufrollen muss, sollte sie sich lieber an der Debatte auf EU-Ebene beteiligen, statt ein eigenes Süppchen zu kochen.

Der Bericht von Julia Reda [4] zeigt auf, wie eine moderne Reform aussieht, die nicht nur die wirtschaftlichen Interessen von Rechteinhabern in Betracht zieht, sondern auch den Zugang aller Menschen zu Kultur und Wissen in einer digitalen Welt sicherstellt – indem etwa die Regelungen für Kultureinrichtungen wie Bibliotheken an den Medienwandel angepasst werden und die Rechtsunsicherheit reduziert wird, der sich Europäerinnen und Europäer im alltäglichen Umgang mit urheberrechtlich geschützten Werken in Netz ausgesetzt sehen.
— fügt Erwin Ernst Steinhammer, Bundesvorstandsmitglied der Piratenpartei Österreichs hinzu.

Nach Monaten intensiver Diskussion wurde eine vom Ausschuss modifizierte Version des Berichts gestern beinahe einstimmig angenommen.


Quellen:
[1] Pressemitteilung des EU-Parlaments: http://www.europarl.europa.eu/news/de/news-room/content/20150615IPR66497/
[2] Änderungsantrag 204: http://parltrack.euwiki.org/dossier/2014/2256%28INI%29#am-204-PE-549.435
[3] Compromise Amendment 21 (S.67): https://juliareda.eu/wp-content/uploads/2015/03/compromise_amendments.pdf
[4] Der Reda-Bericht erklärt: https://juliareda.eu/reda-bericht-erklaert/

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