Offener Brief der Piratenpartei an den BM für Justiz betreffend Tor

Offener Brief der Piratenpartei Österreichs an den Bundesminister für Justiz

Betrifft: Rechtswidrige Strafverfolgung von Tor-Exit-Node Betreibern.

Wir erlauben uns, den Bundesminister für Justiz von der Praxis zu unterrichten, dass zur Ausforschung von, über das Tor-Netzwerk handelnden Straftätern zuhauf Hausdurchsuchungen bei Exit-Node Betreibern stattfinden, ohne dass dadurch jemals für das Strafverfahren dienliche Hinweise zu erwarten sind. Derartige Durchsuchungen von Orten gem § 119 StPO sind nicht geeignet, um einen Tatverdacht zu erhärten oder zu entkräften oder aber Straftäter auszuforschen.

Dies ergibt sich logisch aus der technischen Beschaffenheit dieses Netzwerkes. Nach bisherigem Wissensstand ist es nicht möglich, die Identität des Nutzers zu ermitteln. Als Zugreifender auf die Internetseite scheint immer nur die IP-Adresse der Exit-Node auf. Daher liegt es leider für unbedarfte Ermittler nahe, beim Exit-Node Betreiber eine Hausdurchsuchung vorzunehmen. Eine solche ist aber ein grundlegender Eingriff in das Hausrecht und in das Menschenrecht auf Privatsphäre. Bei der Auswertung der Daten auf den PCs werden regelmäßig sensible, vom Grundrecht auf Datenschutz besonders geschützte Daten ausgelesen.

Ein Eingriff in diese Grundrechte darf nur in den gesetzlich geregelten Fällen vonstatten gehen. Sobald aber klar ist, dass die IP-Adresse, der nachgeforscht wurde zu einem Tor-Exit-Node führt, ist ebenso klar, dass der Betreiber selbst nicht aktiv gehandelt haben muss, sondern mit höherer Wahrscheinlichkeit ein Dritter unter Missbrauch seines Exit-Nodes handelte. Diesen Dritten kann man jedoch durch eine Hausdurchsuchung oder gar Beschlagnahme der Computer des Exit-Node Betreibers nicht ausforschen, weil dazwischen weitere Tor-Nodes geschaltet sind und die Datenübertragung verschlüsselt ist.
Es handelt sich also um einen sinnlosen und daher auch rechtswidrigen Eingriff in die Grund- und Menschenrechte der Betroffenen, wenn sie aufgrund des Missbrauchs ihrer Leitung „zum Handkuss kommen“, ohne dass dadurch der Strafrechtspflege gedient ist.

Wir fordern den Bundesminister für Justiz aus diesem Grund auf, von seinem Weisungsrecht Gebrauch zu machen und die technisch leider teilweise unbedarfte Staatsanwaltschaft zur Beendigung der strafrechtlichen Verfolgung von Exit-Node Betreibern anzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Der Bundesvorstand der Piratenpartei Österreichs
Rückfragen: bv@piratenpartei.at
mod@piratenpartei.at, @Marcus_MoD, 0660/3437070

9 Kommentare

  1. 1
    DiDiogenes

    http://wiki.piratenpartei.at/wiki/Parteiprogramm

    “ Bundesstaatsanwalt / Die Piratenpartei Österreichs fordert die Abschaffung des Weisungsrechts des Justizministers gegenüber der Staatsanwaltschaft. Stattdessen soll die Aufsichts- und Weisungsbefugnis ein vom Nationalrat mit qualifizierter Mehrheit gewählter, unabhängiger Bundesstaatsanwalt übernehmen. Nur durch eine tatsächliche unabhängig arbeitende Staatsanwaltschaft kann sichergestellt werden, dass auch politisch geschützte Personen sich nicht der strafrechtlichen Verfolgung entziehen können. „

  2. 2

    Danke Didiogenes!

    Natürlich sind wir für die Abschaffung des weisungsrechtes (der Programmpunkt stammt btw sogar von mir selbst ;)).
    Aber solange das weisungsrecht besteht, sollte es für sowas genutzt werden! Anders gesagt: wo ist eine Weisung angebracht, wenn nicht hier?

  3. 3
    DiDiogenes

    Da Weisungen intransparent sind, sind sie schwer zu beurteilen. Aber zahlreiche Experten behaupten, die Untersuchungsweisungen seien unproblematisch, aber die Einstellungsweisungen problematisch. Auch Medienberichte und parlamentarische Anfragen drehen sich immer wieder um Einstellungsweisungen und vermitteln oft eine unschöne Optik. Gerade in diesem Zusammenhang fände ich es problematisch, eine Einstellungsweisung zu fordern, nur weil´s um einen TOR-Node-Betreiber geht.

  4. 4

    Wenn klar ist, dass das nix bringt, warum räumt man den Leuten dann dennoch die Bude aus? Ein grundrechtseingriff braucht immer eine gesetzliche Grundlage und muss verhältnismäßig sein. Wie verhältnismäßig ist eine von Anfang an sinnlose Ermittlung?

    • DiDiogenes

      Solange man den konkreten Verdacht, den die Behörden hatten, nicht genau kennt, kann man auch nicht sagen, ob die Durchsuchung verhältnismäßig oder sinnlos war.

      • Wenn die verdachtslage auf einer ip-Adresse fußt und diese einer Tor-Exit-Node zuzurechnen ist, dann ist jede weitere Ermittlung diesbezüglich sinnlos und Zwangsmaßnahmen daher rechtswidrig. Wenn der Verdacht auf sonstigen Anhaltspunkten fußt, dann ist das natürlich anders, aber davon sprechen wir ja nicht. Es geht um Fälle wo man nur deshalb durchsucht, weil die ip Adresse der Exit-Node als Zugreifender aufscheint. Und das ist einfach kein Indiz, sondern gar nichts.

        • DiDiogenes

          Und wie sind die auf die IP-Adresse gekommen ? Für mich klingt das so, als hätten sie irgendwas Verdächtiges gehabt, das mit der IP-Adresse in Verbindung stand ?!

          • Von der ip wurde auf ein verbotenes Bild zugegriffen. Die ip war aber nur ein Exit Node und begründet daher für sich allein keinen Tatverdacht.

        • DiDiogenes

          Wussten die vorher, dass die IP-Adresse mit einer TOR-Exit-Node zusammenhängt, oder haben sie das erst im Zuge der Ermittlungen herausgefunden ?